Leadership Lifestyle
Wie Sie einen guten Führungslebensstil entwickeln
Wie ich im vorangegangenen Artikel beschrieben habe, sehe ich die Mitarbeiterführung in vielen Unternehmen der Region skeptisch. Deswegen beschäftige ich mich mit der Frage, wie man es besser machen kann und speziell mit der Frage:
Wie komme ich zu einer guten Führung?
Wie kultiviere ich meinen Führungsstil?
Legt man das SL-Männchen zugrunde (siehe Abbildung unten), beginnt alles bei den Unternehmern und Unternehmerinnen und ihren jeweiligen persönlichen Träumen, Wünschen, Werten, Einstellungen, Selbstführung und der persönlichen Organisation.
Es ist nicht so, dass wir in der Wahl des eigenen Führungsstils, unserer Werte und Einstellungen vollkommen frei sind. Wir sind geprägt durch unsere Sozialisation, also durch unsere soziale und materielle Umwelt, Grundüberzeugungen und durch erlernte Wahrnehmungs-, Gefühls– und Verhaltensmuster, die uns vom Babyalter an ermöglichen, uns zu behaupten.
Unsere Sozialisierung, Wahrnehmungs- und Gefühlsmuster sowie Grundüberzeugungen bewirken in jedem von uns individuelle Handlungsmuster, die wir immer wieder anwenden, wenn wir mit anderen Menschen zu tun haben. Daraus ergibt sich für jedes Individuum der Hang, sich entsprechend den jeweils geltenden Normen, Werten und Werturteilen der Gesellschaft, einer Gruppe oder der Familie zu verhalten.
Erwachsen werden – störende Handlungsmuster anpassen
Leider ist es so, dass im Berufsleben und noch mehr als Unternehmer nicht jedes Handlungsmuster hilfreich ist, um dauerhaft erfolgreich zu sein. So gilt es, sich von dem einen oder anderen Handlungsmuster zu trennen. Doch das ist nicht so einfach.
Störende Handlungsmuster muss man erst einmal erkennen! Wenn wir Glück haben, werden wir durch andere Menschen auf ungünstige Angewohnheiten aufmerksam gemacht. Das hilft uns, eigene Traditionen, Werte, Einstellungen und Gewohnheiten auf ihren Nutzen zu hinterfragen und neu zu justieren. Wenn wir die Chance dazu nutzen und unser Verhalten ändern, werden wir erwachsener. Denn wir eignen uns bewusst und reflektiert neues Verhalten an. Allmählich gelangen wir zu neuen Erkenntnissen und Einstellungen, die langsam neue Verhaltensweisen ermöglichen und später zu neuen Gewohnheiten werden.
Will man oder muss man diesen Reifungsprozess beschleunigen, weil eine Führungsrolle übernommen wird, so kann man sich durch einen entsprechend ausgebildeten Leadership-Coach unterstützen lassen. Das ist heute üblich und hat nichts mit dem Psychiater-Bild (Stichwort Seelenklempner) zu tun, das meine oder ihre Elterngeneration möglicherweise gepflegt haben. Es ist hilfreich, sich aktiv Rückmeldung zu holen!
Führung ist Einstellung – Führung ist erlernbarer Lebensstil
Wir werden nicht zur Unternehmens- oder Abteilungsführung geboren und verfügen damit nicht automatisch über die dafür notwendigen Einsichten, Einstellungen und Verhaltensweisen. Wir müssen diese erst erlernen. Kinder von Unternehmereltern haben es meistens wesentlich leichter diese zu erlernen als z.B. Kinder von angestellten Eltern. Junge Leute aus Unternehmerfamilien werden schon am Mittagstisch unternehmerisch geprägt und erhalten damit Zugang zu bestimmten Einstellung, die Führungsfragen betreffen und damit Führungsverhalten, Führungsstil und Lebensstil mitbestimmen.
Richtig gelesen. Der Führungsstil entspringt wie unser Lebensstil (Lifestyle) unserer Persönlichkeit und unseren Einstellungen. Deswegen ist es nicht abwegig zu behaupten, dass unser Lebensstil auch unser Führungsverhalten und damit auch unseren Führungsstil prägt.
Ganz bewusst verwende ich den Begriff Leadership, weil dieser im englischsprachigen Raum mehr umfasst, als nur das Wort Führung im Deutschen Sprachraum. Daher auch der Begriff Leadership Lifestyle.
Der Lebensstil vieler Unternehmer
Wie sieht nun der Lebensstil vieler Unternehmer aus? Manchmal gar nicht so toll, wie ich aus vielen Gesprächen weiß. Viele arbeiten aus meiner Sicht zu wenig an ihrem Leben oder an ihrem Unternehmen, sondern viele arbeiten zu sehr wie im Hamsterrad in ihrem Unternehmen.
Um zu sozialer Absicherung, Vermögen, Ruhm, Anerkennung oder zu Erkenntnis und persönlicher Entwicklung zu kommen, werden erhebliche persönliche Anstrengungen und Risiken übernommen, oft über das gesunde Maß hinaus. Zeit für persönlichen Ausgleich, Familie und Freundeskreis ist knapp. Gleichzeitig werden erlernte Management- und Organisationsgewohnheiten der Elterngeneration übernommen oder Managementwissen aus Berufs- oder Hochschulen mechanisch angewendet, ohne ausreichend andere Führungs- und Lebensstilkonzepte zu prüfen und entgegenzustellen.
Was könnte die hohen Belastungen und das finanzielle Risiko rechtfertigen, das die Unternehmensleitung für Eigentümer/innen mit sich bringt? Worin liegt der Lohn in Bezug auf die eigene Lebensführung?
- 6 bis 6,5 Tage-Woche? 70 Stundenwoche? Stress? Konflikte? Ungesunde Lebensweise? Körperliche Erschöpfung? Seelische Belastung? Und guter Verdienst? Oder
- Lebensqualität? Souveränität? Gelassenheit? Flexibilität? Zeit für persönlichen Ausgleich? Zeit für Partner, Familie und Freunde? Persönliche Entwicklung? Kreativität? Und guter Verdienst?
Welche Leitfigur hätten Sie lieber als Vorbild? Welcher Lebensstil entspricht Ihrer Meinung nach eher einem nachahmenswerten Leadership Lifestyle?
Was ist Leadership Lifestyle?
Lifestyle? Das hört sich nach modernem Trend an, der nicht von langer Dauer ist. Das jedoch ist nicht gemeint. Vielmehr geht es um einen Lebensstil bzw. eine Lebensart aus Überzeugung.
Leadership steht für
- Visionen für Ziele und Umsetzung, Sinnvermittlung, Richtung vorgeben, auch unpopuläre Entscheidungen durchsetzen, andere inspirieren, Arbeitskultur gestalten
- Vorbildliche Anstrengungsbereitschaft, Leistungsvermögen, Umsetzungsstärke, Erfolg, positive Energie
Das gelingt umso besser, je mehr ein Leader, also eine Leitfigur selbst hohen Ansprüchen gerecht wird:
- Persönliche Integrität, klare und vorbildliche Kommunikation, vorbildliches Verhalten
- Gute Selbstführung und Eigenorganisation
- Ausgleich finden, Zeit für Muße, Kreativität und Lernen für die eigene persönliche Entwicklung und die Bildung von Souveränität und Gelassenheit – auch darin Vorbild sein
Also: Ohne gewisse Persönlichkeitsmerkmale funktioniert es nicht. Leadership ist also nicht einfach gute Unternehmensführung, sondern es kommen individuelle Eigenheiten hinzu, die die gute Unternehmensführung persönlich verkörpert und lebt.
Es braucht eine Leitfigur bzw. Rollenvorbilder, die aufgrund ihrer Einstellungen und Eigenschaften Leadership persönlich vorleben. Es handelt sich um einen modifizierten Lebensstil der entsprechend erlernbare Wahrnehmungs-, Gefühls– und Handlungsmuster sowie Grundüberzeugungen verinnerlicht hat. Man kann also nicht im Unternehmen eine überzeugende Leitfigur sein, wenn es nicht gelingt, sich persönlich grundlegende Einstellungen zu erarbeiten – kurz: zu reifen.
Die soziale Komponente
Allerdings fehlt dem Leadership Lifestyle, den ich hier beschreibe, noch eine wesentliche Facette, nämlich die soziale Komponente!
Leadership Lifestyle steht damit auch für
- die Art und Weise, wie wir Beziehungen zu anderen Menschen gestalten
- Interesse am anderen und an dessen persönlicher Entwicklung, Respekt und persönliche Wertschätzung, andere wohlwollend und anspruchsvoll fordern, aber auch fördern, Einstellungen justieren, Lebenswege aufzeigen und begleiten, andere selbständig machen, persönliche Perspektiven aufzeigen, Brücken bauen, Mentor und Coach sein
- Netzwerke aufbauen, unterschiedlichste Talente einbinden, Gemeinschaft und heterogene Teams formen, für gemeinsame Ziele sorgen, Gestaltungsräume eröffnen, das Zusammenspiel und dessen Dynamik überblicken, Entwicklungsprozesse unterstützen, Arbeitskultur entwickeln und einfordern
- Positive Energie geben, motivorientiert führen, Mitarbeiter zu Neuem inspirieren, für Kreativität und Innovationen sorgen
- Einzel- und Teamleistungen anerkennen, Zielerreichung einfordern, Erreichtes wertschätzen, Menschen und Teams zum Erfolg führen, Erfolge bewusst machen und feiern.
Hilfreiche Grundüberzeugungen
Die Grundüberzeugungen, die diesem Leadership Lifestyle zugrunde liegen sind u.a.:
- Menschen lernen!
Menschen wollen sich grundsätzlich einbringen und entwickeln. Alle Menschen streben nach persönlichem Glück. Auch Leadership kann man erlernen! Jeder hat Einfluss auf seinen Lebensstil! - Jeder Mitarbeiter verdient Entwicklung!
Auch vermeintlich hoffnungslose Fälle. Allerdings müssen Mitarbeiter sich selbst auch entwickeln wollen und gebotene Chancen erkennen und nutzen. - Es braucht Freiräume zur Gestaltung!
Freiräume bieten die Möglichkeit zur Gestaltung, der eigenen Motivation und Inspiration nachzugehen – allerdings auch verbunden mit der Pflicht, den Freiraum für das Unternehmen sinnvoll zu nutzen. Freiräume bedeutet nicht lange Leine. Ganz im Gegenteil bedeutet das zunächst enge Führung, um langfristig selbständige Mitarbeiter zu gewinnen. - Operation ist nicht alles!
Es gibt mehr als nur Tagesroutinen, Arbeitsprozesse, vordefinierte Abläufe, Checklisten, operative Exzellenz und Pflichterfüllung. Der Leadership Lifestyle erhebt sich immer wieder daraus und sucht den Blick von oben – nicht nur auf das Unternehmen, sondern auch auf den Wert, den das Unternehmen für seine Umwelt und das Leben der Beteiligten stiftet. Überlassen Sie die Ausführung des Tagesgeschäfts Ihren Mitarbeitern, dazu sind sie da! - Am Unternehmen arbeiten!
Mit der gewonnenen Zeit haben Sie Gelegenheit zum Blick von oben. Mit den Erkenntnissen aus diesem Blickwinkel lässt sich das Unternehmen besser steuern, als wenn dieses nur aus der unternehmensinternen Perspektive tue oder wenn ich nur im Unternehmen operativ wirke. - Ohne soziale Kompetenzen ist alles nichts!
Die meisten Probleme des Unternehmensalltags erwachsen nicht aus einem Mangel an technischen Lösungen, eher schon aus einem Mangel an Methoden, aber am meisten durch den Mangel guter Kommunikation, Koordination, Kooperation, Identifikation und zielgerichteter Integration. Diese ist am durch soziale Kompetenzen zu erreichen. - Vision, Sinn, Werte, Führung, Kultur, Energie und Leidenschaft!
Die zu beantwortende Frage ist stets: Wofür lohnt es sich im Unternehmen mit aller Kraft einzusetzen? Diese Frage muss immer wieder befriedigend beantwortet werden. Schließlich verbringen wir einen recht großen Teil unseres Lebens in Unternehmen. Leadership beschäftigt sich mit der Beantwortung dieser Frage intensiv und entwickelt dafür eine Vision, vermittelt Sinn, etabliert Werte und Kultur und steht für die sich daraus ergebenden Überzeugungen beharrlich ein. - Zum Führen braucht es Zeit!
Diese Zeit muss man sich organisieren. Oft ist das nicht von heute auf morgen möglich. Viele operative Arbeiten müssen an selbständige Mitarbeiter abgegeben werden. Häufig muss man Mitarbeiter aber noch zur Selbständigkeit entwickeln.
Welche Wege führen da hin?
Den hier beschriebenen Leadership Lifestyle für sich persönlich zu entwickeln, wenn man selbst ganz anders sozialisiert wurde, ist natürlich alles andere als einfach. So sind die folgenden Facetten lediglich als Ansatzpunkte zu verstehen, um sich selbst, andere Menschen und letztlich das Unternehmen (i.S. des SL-Männchens) zu entwickeln. Gute Führer vereinen viele der unter genannten persönlichen Fähigkeiten:
- Umstände, Dinge und sich selbst kritisch hinterfragen
- Selbst- und Fremdbild immer wieder abgleichen
- eigene Fehler einräumen – und darin Vorbild sein
- sich aktiv Rückmeldung einholen und für Kritik dankbar sein, weil man dadurch an sich selbst arbeiten kann
- an sich selbst arbeiten, sich Zeit für die eigene Weiterentwicklung nehmen: Lesen, Lernen, Schreiben und Ausprobieren – und darin Vorbild für andere sein
- Zeit und Erlaubnis geben, damit Mitarbeiter sich durch Lesen, Lernen und Schreiben weiterentwickeln, Experimentier- und Lernkultur etablieren
- exzellente Kommunikation üben: aktiv zuhören, Anliegen anderer auf den Punkt bringen, Ziele klar und deutlich kommunizieren
- seinen Mitmenschen positive Energie geben, anstatt sie abzusaugen
- andersdenkende konstruktiv einbinden
- Hilfe zur Selbsthilfe geben, um Mitmenschen selbständig zu machen
- Erzeugen Sie Nähe: Lassen Sie andere verstehen und teilhaben, aber vereinnahmen Sie nicht!
Dabei liegt die Kunst nicht darin, all dieses zusätzlich zum üblichen Arbeitspensum zu absolvieren, sondern es liegt in einem allmählichen Wechsel von Arbeitsgewohnheiten und Einstellungen bzw. dem allmählichen Weglassen bisheriger Arbeitsgewohnheiten.
Es geht um anders machen, nicht darum, Zusätzliches zu tun.
Welche Vorbilder haben Sie?
Suchen Sie sich vielleicht ein großes Vorbild oder ein Idol, dem Sie in Bezug auf Leadership Lifestyle nacheifern können und das Sie mit Mitarbeitern gemeinsam kritisch reflektieren.
Vielleicht hilft Ihnen der Blick darauf, was Kinder zum groß werden benötigen: Freude am Lernen, Freude am ausprobieren, Zuwendung, Liebe, Zeit, Erklärungen, Begründungen, Rückmeldung… Aus dem, was Kinder benötigen, um groß und selbständig zu werden, können wir schließen, was Mitarbeiter und auch wir selbst benötigen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen besteht lediglich darin, dass Erwachsene für sich selbst sorgen müssen.
Vielleicht können Sie auch sich selbst zum Vorbild nehmen, wenn Sie sich daran erinnern, welchen Entwicklungsweg Sie selbst genommen haben bzw. nehmen durften. Vielleicht gelingt es Ihnen, Ihren eigenen Reifungsprozess nachzuzeichnen und wertvolle Erfahrungen gemeinsam kritisch zu reflektieren. Woran sind Sie und andere erfolgreiche Leute gewachsen?
Allerdings sollte man – wie gesagt – kritisch bleiben und nichts zum Dogma erheben, da Menschen auf die unterschiedlichste Weise lernen und reifen.
Was sind für Sie begehrenswerte Ziele?
Was könnte Ihnen helfen, ein schönes Leben als Unternehmer zu leben, das nicht nur von Arbeit und an die Gedanken daran geprägt ist? Wie wäre es mit
- einem zusätzlichen freien Tag?
- einer zusätzliche Woche Urlaub?
- Freiheit von nervigem Kleinkram?
- die frühe Übergabe an Nachfolger?
- 16 Uhr Feierabend und dafür mehr Sport, Ausgleich, Muße oder Zeit für die Familie?
- mehr Weiterbildung, oder
- irgend einer anderen Form persönlichen Glücks?
… ohne dass Leistung leidet, sondern eher gesteigert wird.
Wer hat die Freiheit, sich ein solches (langfristiges) Ziel zu setzen, wenn nicht Sie als Unternehmer/in?
Sie können Ihre bisherigen Ziele auch anreichern, z.B.
- vom obersten fleißigen Schaffer zum obersten Unterstützer werden
- zum hauptamtlichen Vermittler von Werten, Kultur, Visionen und Sinn werden
- zum obersten Vorbild für gute Kommunikation werden und Energie erzeugen
- wichtige Diskussionen initiieren, die sich nicht nur darum kümmern, die Dinge richtig zu tun, sondern die richtigen Dinge zu tun.
Das wichtigste ist jedoch, sich auf den Weg zu machen, egal mit welchem ersten Schritt. Fangen Sie an, Ihren eigenen Weg zu Ihrem Leadership Lifestyle zu entwickeln. Probieren Sie aus, was für Sie am besten funktioniert. Nutzen Sie eventuell Coaches, die Ihnen helfen, den für Sie und Ihr Unternehmen richtigen Ansatz zu finden. Binden Sie Personaler ein, die Sie in diesem Vorhaben unterstützen und lassen Sie sie mehr tun als nur Personaladministration.
Übrigens haben Sie gute Chancen, auf diesem Weg der Herausforderung Generation Y zu begegnen. Sie stellt durch Ihre Sozialisierung neue Anforderung an Leadership und Lifestyle. Da dieses Thema an dieser Stelle zu weit führen würde hier ein recht gutes Video zum Thema.
Generation Y – Was ist das denn nun genau? Wo liegen die Herausforderungen? Gutes Video! SL #beziehungsarbeit – http://t.co/ha3AcDCVqk
— Sven Löbel (@SysLoesungen) 4. Mai 2015
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Sven Löbel
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