Beziehungsgestaltung überlegt angehen
Arbeitsbeziehungen planen und gezielt pflegen
Gute Beziehungsgestaltung resultiert im Idealfall für mich darin, dass sie alle Beteiligten glücklich macht. Das ist ein hoher Anspruch und sicherlich nicht immer erreichbar. Aber je älter ich werde, desto wichtiger ist es mir, Zeit nicht sinnlos zu verplempern. Im beruflichen als auch im privaten Umfeld ist mir die Zeit zu schade für
- unfreundlichen und brüskierenden Umgang miteinander,
- unbewusst nebeneinanderher zu leben bzw. zu arbeiten und
- aneinander vorbei zu reden.
Glück als Form immaterieller Bezahlung erfordert aber ein Investment in die Beziehungsgestaltung und damit in das eigene, persönliche Wachstum.
Doch warum sind viele Beziehungen schlecht? Schlechte Beziehungen kann man leider nicht erkennen, weil man sie nicht anschauen oder anfassen kann. Sie sind schlichtweg nicht sichtbar! Hier die Gründe für unerfreuliche Beziehungsgestaltungen:
Hürden guter Beziehungsgestaltung
- Die eigene Bequemlichkeit, sich auf ein vereinbartes Gespräch vorzubereiten oder sich ausreichend mit der Situation, den Zielen und Bedürfnissen des Gegenübers auseinanderzusetzen.
- Eine eingeschränkte persönliche Wahrnehmung: Sie hindert daran, Faktoren zu erkennen, die dem Gesprächspartner wichtig sind wie z.B.: Dringlichkeit, eine gewisse existentielle Tiefe bestimmter Themen, Grundbedürfnisse, emotionale Verfassung usw.
- Falsche Prioritäten: Anstatt auch Menschen und die Beziehungen zwischen ihnen Beachtung zu schenken, geht es immer wieder nur um Dinge, Sachverhalte, vermeintliche Wahrheiten und Patentrezepte.
- Mangelnde Integrationskraft: Anstatt die Ideen von Menschen (egal welcher Hierarchieebene) miteinander zu kombinieren, zu verketten oder zu integrieren, werden die Ideen immer wieder gegeneinander ausgespielt nach dem Motto: “ Meine Idee ist aber viel besser als Deine!“
- Mangelnde Organisation: Gute Beziehungen sind gut organisiert. Es ist gut, sich für andere Zeit zu nehmen, indem ich die Zeit fest einplane und mir überlege, in welcher Rolle, wozu und wie ich die Zeit mit meinem Gegenüber verbringen will.
- Ungenügender Fokus: Ein Grundübel unserer Zeit liegt in der immer währenden Ablenkung und Flucht vor dem Naheliegenden. Die stete Ablenkung z.B. durch Smartphones selbst mitten im Gespräch mit der Person, die mir gerade räumlich nahe ist, ist allgegenwärtig.
- Problemverschiebungen: Auch werden Probleme gerne auf andere Personen oder in andere Bereiche verschoben. Denn dann ist es nicht nötig, an sich zu arbeiten oder etwas in der eigenen Abteilung zu verändern. Doch tatsächlich ist das Problem mit dieser Zwischenlösung nicht verschwunden, sondern belastet Arbeitsbeziehungen weiterhin.
- Erschöpfung und Zeitmangel: Natürlich gibt es auch gute Gründe dafür, dass Beziehungen nicht optimal sind. Echter Zeitmangel, weil man sich die Zeit eben leider nicht nehmen kann oder weil man auch einfach zu erschöpft ist, um ganz bei der Sache sein zu können.
Das Glück guter Beziehungsgestaltung
Wie kann denn das Glück aussehen, von dem ganz oben die Rede ist? Was kann uns Menschen im Allgemeinen denn glücklich machen? Wonach strebt die menschliche Natur tendenziell? – Wir fühlen uns in Umfeldern wohl, die uns Sicherheit und Gemeinschaft versprechen. Dort können wir frei experimentieren, uns beweisen, in den Flow kommen, Anerkennung erhalten und so unsere Bindungen und Zugehörigkeit stärken. Die Dinge, die uns glücklich machen können sind demnach:
- Sich gegenseitig respektvoll zu begegnen
- Freundlichkeit zu erfahren, und selbst ebenfalls zu anderen freundlich zu sein
- anderen bei Fehlern positive Absichten zu unterstellen
- sich gegenseitig Aufmerksamkeit zu schenken
- echtes Interesse an der eigenen Person zu erfahren, aber auch sich zu interessieren
- etwas gemeinsam zu unternehmen
- sich gegenseitig zu helfen
- zusammen an einem Ziel zu arbeiten und es zu erreichen
Das sind letztlich alles Faktoren, die einem motivierenden Arbeitsumfeld entsprechen.
Haltung als Voraussetzung guter Beziehungsgestaltung
Führen Sie sich bitte einmal folgende Gegebenheiten lebhaft vor Augen:
- Eine Person fährt mit einem leicht defekten Fahrrad einen Feldweg entlang. Die Person merkt, dass die Fahrt durch den Defekt (z.B. ein kaputte Pedale oder eine abspringende Fahrradkette) recht beschwerlich ist.
Was tut diese Person im Idealfall? – Sie wird sich des Fahrrades (Hilfsmittel zur Fortbewegung) annehmen und es zu reparieren versuchen. Je professioneller sie dieses bewerkstelligt, desto zufriedenstellender ist danach voraussichtlich die nächste Fahrt mit dem Fahrrad.
Was tut die Person hoffentlich nicht? – Sich über das Terrain beschweren oder das Fahrrad anmeckern. Warum auch? Es bringt ja nichts.
- Nun stellen Sie sich bitte vor, ein Mitarbeiter, ein Kollege oder Ihr Chef (!) erledigt für Sie eine Aufgabe. Sie stellen nach getaner Arbeit fest, dass das Arbeitsergebnis nicht zufriedenstellen ist.
Was tun Sie im Idealfall? – Sie gehen auf die Person zu und helfen ihr bei Bedarf auf angemessene Weise zu einem besseren Ergebnis zu kommen.
Was tun Sie hoffentlich nicht? – Die Arbeitsergebnis prüfen und danach die Person wegen der schlechten Arbeit kritisieren. Klar, Kritik ist vielleicht nötig, aber da gibt es noch etwas anderes zu beachten:
Der Unterschied zwischen beiden Geschichten besteht darin, dass wir in einem Fahrrad, einer Bohrmaschine oder z.B. auch einer Schusswaffe immer ein Instrument oder Werkzeug sehen, das gepflegt werden will: ölen, putzen, Schrauben nachziehen usw.
Nur bei Menschen gehen wir davon oft aus, dass sie sich selber pflegen: gepflegt aussehen, sich weiterbilden (fachlich wie menschlich), experimentieren, Neues erlernen. Dabei sind Mitmensch in unseren Betrieben eben oft auch Erfüllungsgehilfen (nicht abwertend gemeint!) und damit auch „Instrumente“ oder „Werkzeuge“. Sie brauchen ebenfalls Pflege. Hinzu kommt, dass wir Menschen den Blick von außen (Feedback) brauchen, da wir in eigener Sache (z.B. unsere eigene Leistungskraft) oft befangen sind und Defizite gar nicht sehen. Selbstpflege funktioniert oft nur eingeschränkt und braucht daher Rückmeldung.
Wie kommt es, dass wir unsere Maschinen oft besser pflegen als unsere Mitmenschen? Ich möchte die Frage mit folgenden Bildern verdeutlichen:
Im Bild oben wird eine Person (rechts) durch den Auftraggeber (links) anhand des Arbeitsergebnisses kritisiert, eventuell mit der Aufforderung, sich zukünftig zu bessern. Oft wird die dazu notwendige Pflege (gemeinsame Reflexion, Trainings, Coaching) nicht mitgeliefert. Auch wenn der Vergleich vielleicht hinkt: Stellen Sie sich mal vor, Sie kritisieren eine Zielscheibe (Arbeitsergebnis) um einer Schusswaffe (Arbeitsmittel) mitzuteilen, dass sie mal wieder gepflegt werden müsste, unterlassen aber selbst die Pflege.
Effektive Beziehungsgestaltung im Arbeitsumfeld, die außerdem glücklicher macht, besteht doch eher darin, sich als Auftraggeber selbst als Werkzeug zu sehen, das das „Arbeitsinstrument Mitarbeiter“ befähigt, Arbeitsergebnisse Zug um Zug selbst zu verbessern – durch geeignete Pflege (wie z.B. gemeinsame Reflexion, Trainings, Coaching). Natürlich braucht es dafür auch Mitarbeiter, die sich führen lassen und ein Interesse daran haben, selbständiger zu werden.
Merke: Menschen verdienen mindestens genauso viel Pflege wie andere Werkzeuge. Dann gelingen auch gute Arbeitsergebnisse. Die Pflege wird mit guter Beziehungsgestaltung erreicht.
Wie ist effektive Beziehungsgestaltung hier gemeint und wie gelingt diese ganz praktisch?
Einige der folgenden Ideen sind inspiriert von Stephen R. Covey, der das Buch „Die sieben Wege zur Effektivität“ (Buchempfehlung) geschrieben hat. Er beschreibt, was Effektivität und persönlicher Erfolg mit Selbstführung, Selbstmanagement und schließlich mit effektiver Beziehungsgestaltung zu tun hat. Ebenso kann mein Artikel zum Stakeholder-Management als Anleitung für die nächsten 4 Schritte dienen:
Schritt 1
Zunächst macht man sich ein Bild darüber, welche Mitmenschen man um sich herum hat, für die man auf verschiedene Art verantwortlich ist. Oder anders gesagt: …für die man selbst unterschiedliche Rollen ausfüllt: Manager/Mitarbeiter/Kollege, Vater/Mutter, Bruder/Schwester, Vereinsvorstand/-mitglied, Netzwerker usw. Mehr Informationen finden sich dazu im Artikel in vielen Rollen wirksam sein.
Schreiben Sie die Mitmenschen und Ihre eigenen Rollen auf, die Sie diesen Personen gegenüber einnehmen (müssen)!
Schritt 2
Überlegen Sie sich im nächsten Schritt, welchen Anforderungen und Bedürfnissen Sie in diesen Rollen gerecht werden müssen. Notieren Sie auch, welche Ziele Sie in Ihrer Rolle erreichen wollen und welchen Notwendigkeiten sie gerecht werden wollen. Vielleicht hilft Ihnen zu diesem Thema der Artikel Arbeiten mit Visionen (Life-Statement) weiter.
Schreiben Sie auf, welche Ziele Sie in Ihrer Rolle den einzelnen Menschen gegenüber verfolgen wollen/müssen.
Schritt 3
Nun lohnt es sich darüber nachzudenken, welches Gesprächsformat angemessen ist, um der eigenen Rolle, der damit einhergehenden Verantwortung und den unterschiedlichen Zielen der Gesprächspartner gerecht zu werden. Hier eine Auswahl von Gesprächsformaten, die direkt der effektiven Beziehungsgestaltung dienen:
- Anleitung, Einweisung in neue Aufgabe
- Ziele vereinbaren
- eine Verhandlung führen
- eine Strategie planen
- gemeinsam experimentieren & kreativ sein
- im Dialog gegenseitiges Verständnis schaffen
- Entscheidungen herbeiführen
- Unterstützung gewähren
- Rückmeldung geben
- Leistung beurteilen
- Lob & Anerkennung gewähren
- Erfahrungsaustausch
- Mentoring, Coaching
- Training geben
- ein Kritik- oder Konfliktgespräch führen
- geselliges Beisammensein
- ein Abenteuer bestehen
- zusammen Spaß haben & feiern
- gemeinsam schweigen & genießen
Auch hier sei erwähnt, dass das richtige Gesprächsformat zur richtigen Zeit ein erheblicher Motivationsfaktor für Menschen darstellt. Doch Achtung:
- Das falsche Format oder der falsche Zeitpunkt können direkt entgegengesetzt wirken!
- Effektive Gesprächsführung braucht Integrität. Mehr dazu finden Sie im Artikel Image versus Charakter und unter Kern der Beziehungsarbeit.
Wählen Sie das geeignete Gesprächsformat und führen Sie Gespräche auf integre Weise!
Schritt 4
Nichts ist richtig gut geplant, solange es nicht im Kalender landet. Daher muss gute Beziehungsgestaltung terminiert werden. Ich spreche immer davon, eine Kette der Gelegenheiten für gute Gespräche aufzubauen, also alle möglichen Gesprächsformate anzuwenden. Denn jedes Format braucht eine gewisse Mindesthäufigkeit, so dass sich ein Rumpf-Plan z.B. für das nächste halbe Jahr aufbauen lässt. Dieser Plan ist natürlich je nach Gesprächspartner unterschiedlich. Dabei lässt sich die Kette der Gelegenheiten nicht vollständig planen, weil in zwischenmenschlichen Beziehungen immer wieder Überraschungen auftreten und sich situativ neue Umfeldbedingungen ergeben.
Bei der Erstellung des Kalenders bzw. der Kette der Gelegenheiten ist es hilfreich, sich darüber Gedanken zu machen, wer welche Art der Zuwendung benötigt. Dafür müssen bestimmte Gesprächsformate wie z.B. Planungs- und Unterstützungsgespräche oder Mitarbeiterdialoge auf alle Mitarbeiter gleich angewendet werden, während man den Gesprächsverlauf selbst von der Reife der Mitarbeiter abhängig machen kann. Ein Beispiel:
Terminieren Sie Ihre Möglichkeiten der Beziehungspflege zielorientiert!
Schritt 5
Jedes Gespräch sollte gut vorbereitet sein. Das ist eine Frage der gegenseitigen Würdigung. Legen Sie nun in das Gespräch alle positive Energie, die Ihnen zur Verfügung steht und bringen Sie echtes Interesse für Ihr Gegenüber auf. Investieren Sie in die Beziehung und damit in das, was man nicht anfassen kann. Tun Sie alles, um sagen zu können, dass keine einzige Ihrer gegenseitigen Herzensangelegenheiten vernachlässigt wurde. Welche Qualität möchten Sie in der Beziehung erreichen? Wie soll der Grad an Offenheit, Vertrauen, Kooperation, Kollaboration, persönliche Nähe oder Distanz sein? Denken Sie daran, wie existenziell persönliche menschliche Beziehungen in bestimmten Werte-Welten sind – abhängig von der Reife Ihres Gegenübers und Ihrem persönlichen Führungslebensstil.
Achten Sie dabei auf das richtige Setting. Wo wollen Sie sich treffen? Wie viel Vertraulichkeit benötigt das Gespräch? Werden hier nicht die richtigen Akzente gesetzt, kann es passieren, dass die Beziehung darunter leidet.
Die Gesprächsführung selbst erfordert einige Soft-Skills: Aktives Zuhören, Paraphrasieren, Dialogführung, gekonnt Fragen stellen, Verhandlungstechniken und einiges mehr. Ergänzende Ideen finden Sie u.a. im Artikel Stakeholder-Dialog, und selbstverständlich in unseren Kursen (siehe unten).
Stellen Sie Ihr Gegenüber in den Mittelpunkt und gehen Sie den Weg über eine gute Beziehung. Führen Sie das Gespräch mit dem Herzen, um in der Sache weiter zu kommen.
Der Nutzen effektiver Beziehungsgestaltung
Unter SL Beziehungsarbeit (eine Marke von SL Systematische Lösungen) biete ich eine Reihe von Möglichkeiten zu Professionalisierung von Arbeitsbeziehung und Führungsverhalten. Das ist natürlich kein Selbstzweck, sondern dient der Vitalisierung von Unternehmen durch bessere Beziehungen zwischen Unternehmensangehörigen, damit zur Verbesserung von Kundenbeziehungen und schließlich zur Steigerung des gemeinsamen Erfolgs. Mit der Vitalisierung des Unternehmens geht eine ganzheitliche Organisationsentwicklung einher, die ich unter der Marke SL Organisationsentwicklung verfolge. Beides greift also ineinander, wie man wunderbar im Artikel (organisationale) Wertschätzung nachlesen kann.
Wie sich das rechnet, werde ich im nächsten Artikel „Menschlichkeit rechnet“ sich darstellen. Weitere Artikel gehen dann auf organisatorische Möglichkeiten ein.
Effektive Beziehungsgestaltung erlernen – Was wir für Sie tun können
Unser Männchen Youi© zeigt Ansatzpunkte zur Professionalisierung von Arbeitsbeziehungen und Führungsverhalten auf. Trainings, Workshops und Beratung in folgenden Wirkungsfeldern:
- persönliche Kommunikation & Stakeholder-Management
- Beziehungsmarketing
- Führung von Mitarbeitern & Organisation
- Unterstützende Strukturen, Abläufe & Systeme
- Teamarbeit & Konfliktlösungen
- interne Dienstleistungen, Verkauf & Service
- Werte & Unternehmenskultur
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